Folgende vier Milbenarten sind die „gängigen“ auf Meerschweinchen zu findenden Spezies. Am häufigsten werden Meerschweinchen von der Räude- oder auch Grabmilbe und der Pelzmilbe in ihrem Befinden gestört.
Räude- oder auch Grabmilbe (Trixacarus caviae)
Die Grabmilbe verursacht bei geringem Aufkommen i.d.R. keine ernsten Beeinträchtigungen. Sie leben auf dem Tier, zur Eiablage graben die Weibchen jedoch Gänge in die Haut und legen dort ihre Eier ab. Sowohl die Mundwerkzeuge der Milben als auch der abgegebene Speichel reizen die Haut. Die Larven wandern später zurück auf die Haut. Bei Überhandnahme kommt es zu Haarausfällen, schuppig-krustigen Entzündungen, kleieartigen Belägen, borkigen Krusten und verdickten Hautpartien. Ursache können sein: schlechte Haltungsbedingungen, Stress, Immunschwäche, qualitative oder quantitative Fehl- oder Mangelernährung. Behandlung mit Ivermectin (Ivomec Rp.*) dreimal im Abstand von sieben bis zehn Tagen als Injektion oder Spot On Lösung. Oder Selamectin (Stronghold Rp.) ein- bis zweimal im Abstand von drei bis vier Wochen als Spot On-Lösung.
Raubmilbe (Cheyletiella parasitivorax)
Diese Milbe lebt auf dem Tier und in den oberen Hautschichten. Sie ernährt sich von anderen Milbenarten. Sind keine anderen Milbenarten vorhanden, ernährt sie sich von den Hautpartikeln des Wirtes. Behandlung mit Ivermectin (Ivomec Rp.) zwei- bis dreimal im Abstand von sieben bis zehn Tagen als Injektion oder Spot On-Lösung. Oder Selamectin (Stronghold Rp.) ein- bis zweimal im Abstand von drei bis vier Wochen als Spot On-Lösung.
Haarbalgmilbe (Demodex caviae)
Die Demodexmilbe lebt in Symbiose mit dem Meerschweinchen. Demodexmilben gibt es auf fast allen Säugetieren (auch dem Menschen). Sie lebt in den Haarbälgen und an den Haaren und ernährt sich von Hautpartikeln. Ein Befall bleibt i.d.R. symptomlos. Bei Überhandnahme durch schlechte Haltungsbedingungen, Stress, Immunschwäche, qualitative oder quantitative Fehl- oder Mangelernährung kann es zu schütterem Fell und Hautveränderungen kommen. Behandlung mit Ivermectin (Ivomec Rp.) dreimal im Abstand von sieben bis zehn Tagen als Injektion oder Spot On-Lösung. Oder Selamectin (Stronghold Rp.) zwei- bis dreimal im Abstand von zwei Wochen als Spot On Lösung. In hartnäckigen Fällen ist zusätzlich ein wöchentliches Baden mit Amitraz (Ectodex Rp.) möglich.
Pelzmilbe (Chirodiscoides caviae)
Die Pelzmilbe lebt an den Haaren des Tieres. Man schleppt sie sich mit neuen Tieren oder auch Gegenständen schon mal ein. Sie ist mit bloßem Auge kaum erkennbar und ein relativ harmloser Fellbewohner. Vermehrt sitzen sie am Rücken und den Außenseiten der Oberschenkel. Bei hellen Tieren hat man den Eindruck als ob das Tier „schmutzig“ wäre. So, als ob Staub am Fell kleben würde. Behandlung mit Propoxur (Bolfo Flohpuder oder Spray) zweimal im Abstand von einer Woche oder Fipronil (Frontline Rp.) einmalig.
Bei den drei erstgenannten in der Haut lebenden Milben haben gängige Parasitenmittel zur äußerlichen Anwendung nur unzureichende Wirkung. Die Spot On Präparate mit Ivermectin oder Selamectin dringen durch die Haut in den Blutkreislauf ein und erreichen so auch die in der Haut lebenden Milben.
Allen vier Milbenarten gemein ist die Tatsache, dass sie bei Überhandnahme dem Tier immer mehr zusetzen. Das Tier leidet zunehmend unter Juckreiz und irritierter Haut, wird immer unruhiger, schwächer, magert ab, in extremen Fällen verliert es das gesamte Fellkleid und kratzt sich alle erreichbaren Hautstellen auf. Es können durch den Juckreiz epileptische Anfälle auftreten.
Unbehandelt kann jeder Milbenbefall letztendlich sogar zum Tod führen. Wunden und Juckreiz Wenn die Tiere sich bereits offene Wunden gekratzt haben kann man die Wunden desinfizieren (Betaisodona, Braunol, Kodan) und danach mit Wund- und Heilsalbe (Bepanthen, Hametum) eincremen. Bei starkem Juckreiz sollte in den ersten Tagen Fenistil gegeben werden. So setzt die Heilung schneller ein, weil die Tiere sich die Wunden nicht immer wieder aufkratzen. Ebenso kann es bei starkem Juckreiz angebracht sein für einige Tage Pfotenverbände an die Hinterpfoten anzulegen. Durch die schnellere Heilung reduziert sich das Risiko, dass sich in den Wunden auch noch Bakterien und Pilze ansiedeln.
Schwerer lebensbedrohlicher Befall
Bei sehr schwerem Befall und akut lebensbedrohlichen Zuständen (fast haarlos, der ganze Körper mit Wunden übersät, epileptische Anfälle bedingt durch den Juckreiz) ist es ggf. sinnnvoll zusätzlich ein Antibiotikum zu geben um bakteriellen Infektionen vorzubeugen.
Auch antiparasitäre Bäder mit Wirkstoffen wie Amitraz (Ectodex Rp.) oder Phoxim (Sebacil Rp.) können unterstützend eingesetzt werden, um eine sofortige Entlastung zu erreichen. Damit kann eine rasche Abtötung zumindest der auf der Haut lebenden Milben herbeigeführt werden.
Behandlungserfolg
Wenn nicht innerhalb der ersten 14 Tage ein klarer und sichtbarer Behandlungserfolg eintritt, muss spätestens jetzt eine zusätzliche Untersuchung auf Pilz stattfinden. Häufig gehen mit Milbenbefällen Pilzinfektionen einher. Die gereizte Haut oder gar offene Wunden öffnen Pilzen Tür und Tor. Wenn sich Pilze „eingenistet“ haben, können sie vom äußeren Erscheinungsbild dieselben Symptome wie Milben verursachen. Die Wirkstoffe gegen Milben haben jedoch keinerlei Wirkung auf Pilzinfektionen. Ein nicht eintretender Erfolg kann also ein Hinweis darauf sein, dass zusätzlich Pilzinfektionen vorliegen.
Umgebungsdesinfektion
Gegenstände kann man durch Hitze (Backofen) oder Kälte (Gefrierfach) oder mit der Mikrowelle parasitenfrei bekommen. Große Flächen kann man mit heißem Essigwasser reinigen. Häufiges Reinigen der Näpfe und sonstiger Einrichtungsgegenstände hilft ebenfalls den Bestand an Parasiten, Bakterien und Pilzen jeder Art zu reduzieren. Darüberhinaus kann man Flächen und Einrichtungsgegenstände ggf. noch mit Mitteln gegen Bakterien und Pilze (Bactazol, Sagrotan) oder Parasiten (Bolfo-Spray oder Ardap) einsprühen. Ardap sollte jedoch nicht auf Flächen aufgebracht werden an denen die Tiere lecken können. Nach dem Einsprühen sollten Gegenstände und Flächen ca. eine Stunde gut ausgelüftet werden. Günstiger und ebenso ausreichend ist aber sicherlich 70%iger Isopropanol-Alkohol den man in jeder Apotheke kaufen kann. Man sollte Desinfektions- und Parasitenmittel nur äußerst sparsam einsetzen, weil jeder Einsatz die Entwicklung von Resistenzen fördert. Oft weisen gegen Desinfektionsmittel widerstandsfähige Bakterien bereits auch eine erhöhte Antibiotikaresistenz auf.
Wer wird behandelt?
Immer wieder wird die Frage gestellt, wann man eigentlich den gesamten Bestand und wann nur die befallenen Tiere behandeln soll/muss; und ob man die Umgebung mit behandeln/desinfizieren muss, oder nicht.
Generell wäre dazu erstmal zu sagen, dass nur bei einer gesamten Behandlung aller Tiere auch eine Desinfektion der Umgebung sinnvoll ist. Entweder muss der gesamte Bestand behandelt und die gesamte Umgebung desinfiziert werden, oder es reicht nur das befallene Tier zu behandeln. Nur einzelne Tiere zu behandeln und dann die gesamte Umgebung zu desinfizieren ist eine relativ sinnlose Aktion. Denn von den unbehandelten Tieren können die Milben wieder auf die Einrichtung und andere Tiere übergehen. Ebenso macht es wenig Sinn eine gesamte Gruppe zu behandeln und dann die Umgebung nicht zu desinfizieren.
Zu der Frage, ob nun nur das befallene Tier oder der gesamte Bestand behandelt werden sollte, gibt es unterschiedliche Meinungen. Hier ist unter Tierärzten, Züchtern, Notstationen und Haltern keine Einigkeit zu finden. Wo nun die Wahrheit liegt werden auch wir nicht beantworten können.
Es gibt auf jeden Fall sehr viele Meerschweinchenhalter mit viel Erfahrung bei denen die Behandlung nur der „belasteten“ Tiere und ohne Desinfektion des Umfelds stets zu dauerhaftem Erfolg führt. Dies stärkt die „Theorie“, dass Milben jeder Art immer latent am Tier vorhanden sind und nur durch ungünstige Umstände zu einem Ungleichgewicht führen. Vergleichsweise wie jeder Mensch ständig mit Grippeviren und Fußpilzsporen in Berührung kommt, aber nur dann erkrankt, wenn der aktuelle „Immunstatus“ dies zulässt.
Insofern nicht mehrere Tiere einer Gruppe massiv betroffen sind, kann man also – schon wegen der nicht zu unterschätzenden Nebenwirkungen der Medikamente – durchaus nur das befallene Tier behandeln lassen und auf eine Desinfektion verzichten. Voraussetzung ist allerdings, dass alle auslösenden Stressfaktoren wie „unharmonische Gruppenzusammensetzung“, „unsaubere Haltung“, „zu wenig Platz“ oder „Mangel/Fehlernährung“ ausgeschaltet wurden. Eine ordentliche Grundreinigung und Desinfektion ein- bis zweimal im Jahr schadet aber auch nicht. Dafür wäre dann bei der Behandlung eines Parasitenbefalls sicherlich der rechte Zeitpunkt.
*Rp. rezeptpflichtiges Medikament, welches nur über einen Tierarzt bezogen werden kann.
Quellen:
Ilse Hamel – Das Meerschweinchen als Patient, 2. Auflage 2002 , ISBN 3-8304-1002-6
Anja Ewringmann – Leitsymptome bei Meerschweinchen, Chinchilla und Degu, Auflage 2005, ISBN 3-8304-1055-7
www.wikipedia.de
eigene Erfahrungen
Erfahrungen vieler Meerschweinchenhalter und Notstationen